Donnerstag, 22. September 2016

Eine Anschauung vom Suchen.



8. Welches ist nun der Unterschied beider Objekte, dessen, wodurch die Begrenzung, und dessen, wodurch das Streben erklärt wird? Gleich sind sie darin, dass beide Objekte der Anschauung sind; unterschieden sind sie darin, dass ersteres ein Bestimmtes, dass die ideale Tätigkeit in Verbindung des Mannigfaltigen darin gebunden ist; das letztere aber ein Bestimmbares und die ideale Tätigkeit in Verbindung des Mannigfaltigen völlig frei ist. Das erste ist nur eine Aufgabe, etwas, und zwar ein anderes, dem ersten Entgegengesetztes, zu setzen, weil durch das erste das Ich beschränkt ist. Die Gebundenheit, in wiefern sie der idealen Tätigkeit zukommt, ist in beiden gleich.

Man denke, dass, wenn auch unentschieden bleiben muss, ob das Gefühl der Begrenzung ein einfaches ist, oder ob mehrere vereinigt werden können, doch aus dem Obigen klar ist, dass jedes Gefühl der Intension nach teilbar ist, dass alles, was die Anschauung hineinlegt, gleichsam teilbar ist ins Unendliche - dass aber im ersten Falle, bei der Anschauung des Bestimmten, die Teilung nicht möglich ist, weil da die Anschauung auf ein Gegebenes geht; im zweiten Falle hingegen eine solche Teilung möglich ist und als solche im Gegensatz der ersten gesetzt werden muss. Im zweiten Falle ist eine Aufgabe, etwas bloß zu setzen, denn es ist kein Inhalt des Gefühls gegeben, es wird ein Gefühl gesucht. Wie dies gefunden werden kann, vide infra.

Diese Anschauung ist leer, sie ist ein freies Schweben über dem Mannigfaltigen, welches das Ich nicht weiter kennt als //86// durch sein Schweben, es ist die Anschauung von einer Aufgabe, ein Objekt zu setzen.

Der Begriff des Ideals ist eine Idee. Sie ist ein Begriff von etws, das gar nicht begriffen werden kann, z. B. der Begriff von der Unendlichkeit des Raumes. Dies scheint ein Widerspruch zu sein, welcher so gelöst wird: Vom Objekte ist kein Begriff möglich, aber von der Regel, nach welcher er durch ein Fortschreiten hervorgebracht werden müsst, z. B. der unendliche Raum; jeder Raum, der aufgefasst wird, ist endlich, wir geben daher nur Acht, wie wir es machen würden, wenn wir den unendlichen Raum auffassen wollten. Man denke sich die Regel weg, so bleibt das Suchen übrig, und das ist das Objekt der Anschauung, von dem hier geredet wird.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 85f.  



Nota. - Der unendliche Raum wird so konstruiert, dass an den je gegebenen endlichen Raum jedesmal wieder ein endlicher Raum angefügt wird. Das absolute Objekt des Strebens wird so konstruiert, dass zu jedem gegebenen Objekt der freien Wahl wieder ein nächstes Objekt der freien Wahl hinzugefügt wird. Die Idee des Endzwecks wäre also der Inbegriff aller möglichen Zweckbegriffe, die indes unendlich viele und als solche nicht bestimmbar sind. Real ist, was anschaubar ist, die Realität des Absoluten ist die Suche danach.
JE






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