Montag, 10. August 2015

Das Individuum und der Philosoph.


Fichte am Katheder

Der Idealismus geht aus von dem sich-Setzen des Ich, oder von der endlichen Vernunft überhaupt. Aber wenn von einem Überhaupt die Rede ist, so ist dies ein unbestimmter Begriff. Er geht also von einem unbestimmten Begriff aus. Nun sieht der Idealist dem Bestimmen der Vernunft in ihren Begrenzungen zu  und lässt durch durch das Bestimmen ein vernünftiges Individuum, ein wirkliches Vernunftwesen werden, welches etwas ganz anderes ist als der unbestimmte Begriff vom Ich. 

Dieses Individuum sieht die Welt und die Dinge auch an, / diese seine Ansicht wird auch von dem Gesichtspunkte des Idealismus erblickt; der Idealist sieht, wie dem Individuum die Dinge werden müssen. Die Sache ist also für das Individuum anders als für den Philosophen; für das Individuum nun sind die Dinge, Menschen usw. unabhängig von ihm vorhanden. Der Idealist aber sagt: Dinge außer mir und unabhängig von mir gibt es nicht. Beide sagen also das Gegenteil und widersprechen sich doch nicht, denn der Idealist zeigt von seinem Gesichtspunkte aus die Notwendigkeit der Ansicht der Individuen. Wenn der Idealist sagt: außer mir, so heißt dies: außer der Vernunft; bei dem Individuum heißt es: außer der Person.
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Wissenschaftslehre nova methodo, II. Einleitung, Hamburg 1982, S. 24f.


Nota. - Nicht zu vergessen, dass auch der Philosoph Individuum ist. 'An die Wirklichkeit der Welt glaubt auch der idealistische Philosoph, sobald er das Katheder verlässt.' 
JE



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