Sonntag, 12. Oktober 2014

Vom Menschen gibt es keinen Begriff.


Sumatra, Pagaralam

Aber auch durch diese Voraussetzung soll der menschliche Leib nicht begriffen werden können. Seine Artikulation müsste sonach sich überhaupt nicht begreifen lassen in einem bestimmten Begriffe. Sie müsste nicht hindeuten auf einen bestimmten Umkreis der willkürlichen Bewegungen, wie bei dem Tiere, sondern auf alle denkbaren ins Unendliche; keine Bildung darstellen, sondern nur Bildsamkeit. -

Kurz, alle Tiere sind vollendet und fertig, der Mensch ist nur angedeutete und entworfen. Der vernünftige Beobachter kann die Teile gar nicht vereinigen außer in dem Begriffe seines Gleichen, in dem ihm durch sein Selbstbewusstsein gegebenen Begriffe der Freiheit. Er muss den Begriff von sich selbst unterlegen, um etwas / denken zu können, weil gar kein Begriff gegeben ist. Jedes Tier ist, was es ist: der Mensch allein ist ursprünglich gar nichts. Was er sein soll, muss er werden: und da er doch ein Wesen für sich sein soll, durch sich selbst werden.

Die Natur hat alle ihre Werke vollendet, nur von dem Menschen zog sie die Hand ab und übergab ihn gerade dadurch an sich selbst. Bildsamkeit, als solche, ist der Chrakter der Menschheit. Durch die Unmöglichkeit, einer Menschengestalt irgend einen anderen Begriff zu unterlegen, als den seiner selbst, wird jeder Mensch genötigt, jeden anderen für seines Gleichen zu halten.

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Grundlage der Naturrechts..., SW III,
S. 79f.




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