Freitag, 28. Februar 2014

A priori, a posteriori; II.


R. Magritte, La Reproduction interdite

Es ist euch eine bestimmte Zahl gegeben. Ihr vermuthet, dass sie das Product aus gewissen Factoren sey. So habt ihr nur, nach der euch wohlbekannten Regel, das Product dieser Factoren zu suchen. Ob es mit der gegebenen Zahl übereinstimme, wird sich hinterher, wenn ihr das Product erst habt, schon finden. Die gegebene Zahl ist die gesammte Erfahrung; die Factoren sind, – jenes im Bewusstseyn Nachgewiesene und die Gesetze des Denkens; das Multipliciren ist das Philosophiren. ... 
Das a priori und das a posteriori ist für einen vollständigen Idealismus gar nicht zweierlei, sondern ganz einerlei; es wird nur von zwei Seiten betrachtet, und ist lediglich durch die Art unterschieden, wie man dazu kommt. Die Philosophie anticipirt die gesammte Erfahrung, denkt sie sich nur als nothwendig, und insofern ist sie, in Vergleich mit der wirklichen Erfahrung, a priori. A posteriori ist die Zahl, inwiefern sie als gegebene betrachtet wird; a priori dieselbe Zahl, inwiefern sie als Product aus den Factoren gezogen wird. Wer hierüber anders meint, der weiss selbst nicht, was er redet.
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Erste Einleitung in die Wissenschaftslehre, SW I, S. 447 


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